Die Herausforderungen der Viehzucht in Patagonien: Einblicke eines Erfahrenen

Im Alter von 80 Jahren wird Paulino Vita mit den gegenwärtigen Herausforderungen seines Landwirtschaftsbetriebs in Patagonien konfrontiert. Er beobachtet, wie sich das Dickicht des Monte über die Weideflächen im Nordosten von Río Negro ausbreitet. Diese Vegetation, die sich durch chañares, piquillines, alpatacos und matasebos auszeichnet, hat beachtliche Höhen von über zwei Metern erreicht und stellt eine ernsthafte Bedrohung für die landwirtschaftliche Nutzung dar.

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Weideflächen

Das Problem ist nicht nur ästhetischer Natur. Die dichten Sträucher verhindern, dass unter ihrem Schatten andere Pflanzen gedeihen, und die Weidetierhaltung wird dadurch erheblich erschwert, da die Tiere keinen Zugang zu den Weideflächen haben. Paulino Vita, ein respektierter Viehzüchter, der in seinem Betrieb etwa 100 Kilometer östlich von Río Colorado lebt, beschreibt die Situation besorgt: „Es gibt viele Flächen, die unbrauchbar werden.“

Vita ist seit seiner Kindheit, als er mit acht Jahren begann, die rauen Pampa-Flächen zu bewirtschaften, mit diesen Regionen verbunden. Er hat persönliche Aufzeichnungen über Niederschläge in alten Notizbüchern, die seinen Aussagen über den Klimawandel Gewicht verleihen. „Bis Ende der 90er Jahre hielt ich 1.100 Tiere auf meiner Fläche von 3.750 Hektar, heute sind es nicht mehr als 400“, erklärt er. Dies entspricht einem Rückgang von fast 70 % in der Viehhaltung.

Die Herausforderungen der Viehzucht in Patagonien: Einblicke eines Erfahrenen - image 1

Ein zentraler Faktor für den Anstieg der Monte-Vegetation ist die Abnahme der jährlichen Niederschläge. Vita berichtet: „1979 hatten wir zwischen 800 und 700 mm, 2004 waren es 640 mm und 2023 nur noch 362 mm.“ Zusätzlich stellen veränderte Wetterbedingungen, wie stärkere Winde und erhöhte Temperaturen, eine Gefahr dar. „Der Sonnenschein schädigt das Gras bis zur Wurzel. Es muss nicht nur wachsen, sondern von Grund auf neu entstehen“.

Der Wechsel von Schaf- zu Rinderhaltung

Ein weiterer entscheidender Aspekt in der Entwicklung der Landwirtschaft in der Region ist der Übergang von der Schaf- zur Rinderhaltung. Früher halfen die Schafe, die neuen Triebe des Monte zu kontrollieren. „Die Schafe fraßen alles, was im neuen Monte wuchs. Doch als wir auf Rinder umstiegen, wuchsen die Sträucher weiter.“ Die Raubtiere, speziell der Puma, haben die Schafhaltung erheblich beeinträchtigt. Es war nicht ungewöhnlich, tote Schafe zu finden, was Paulino veranlasste, nach Alternativen zu suchen.

Die Bedingungen vor Ort haben sich stark verändert und erfordern neue Ansätze in der Viehwirtschaft. Paulino stellt fest, dass heutzutage viele Landwirte mit innovativen Methoden kommen, um die Situation zu verbessern. „Früher war der Fokus nicht auf der Erhaltung des Bodens, jetzt müssen wir darüber nachdenken, wie wir den Boden regenerieren können“, sagt er.

Die Herausforderungen der Viehzucht in Patagonien: Einblicke eines Erfahrenen - image 2

Die Zukunft der Landwirtschaft in Patagonien

Vita ist überzeugt, dass der Klimawandel selbst den Ertrag seiner Weideflächen in Gefahr bringt. „Die Konsequenz ist, dass das Land kleiner wird und das Dickicht sich ausbreitet. Der größte Albtraum ist der wachsende Monte“. Diese dichten Strukturen nehmen nicht nur Raum ein, sondern reduzieren auch die Möglichkeiten zur Tierhaltung erheblich, da kein Sonnenlicht für das Pflanzenwachstum vorhanden ist.

„Um zu kämpfen, haben wir versucht, durch kontrolliertes Abbrennen Teile des Mons zu reduzieren. Doch die Bedingungen haben sich geändert: Wenn wir heute abfackeln, braucht das Gras viele Jahre, um nachzuwachsen, weil es an Samen fehlt“, erläutert er die Herausforderungen, die moderne Landwirte bewältigen müssen.

Die neuen Verwaltungstechniken, wie die Rotation des Weidelands, haben dennoch Einzug gehalten. Vita hat diese Praktiken bereits 2004 eingeführt, um den Boden und die Weideflächen nachhaltig zu nutzen. „Es war schwierig, aber wir müssen die Böden schonen, damit sie sich regenerieren können“, betont er.

In einer Phase des Wandels zielt Paulinos Zukunft auch auf die neue Generation ab. Seine Enkel, Maite und Emiliano, bringen eine neue Perspektive in den Betrieb. „Sie haben frische Ideen und Methoden, die wir früher nicht kannten.“ Vita sieht den Weg zur Anpassung an die Herausforderungen des Klimawandels, welche die Viehzucht in Patagonien betreffen, positiv. „Trotz aller Schwierigkeiten glaube ich, dass wir immer noch Möglichkeiten haben, uns anzupassen und zu überleben“.

Philip Wienberg
Philip Wienberg

Co-founded Germany's first alcohol-free craft beer brand in 2018. Now a freelance Copywriter & Creative Director with 15+ years in top German ad agencies. Led teams of 30+ creatives, winning 100+ awards together - some even for real work, not just the award circuit.

Artikel: 668

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert