Eine Umarmung oder einige ermutigende Worte können in bestimmten Bereichen des Gehirns nachweisbare Aktivierungen hervorrufen, die positive Auswirkungen haben. Obwohl Mitgefühl im Kindesalter erlernt wird, lässt es sich auch im späteren Leben antrainieren.
In einer Zeit, die von Krisen, Ungleichheit, sozialen Spannungen und ökologischen Herausforderungen geprägt ist, regt der Aktionstag des Mitgefühls dazu an, die tiefen Wurzeln dieser Idee in allen Religionen, Philosophien und Kulturen neu zu entdecken. Mitgefühl reduziert Stress, wird bereits im Kindesalter erlernt und kann gezielt trainiert werden.
Der Welttag des Mitgefühls
Der World Compassion Day, der am 28. November gefeiert wird, trägt im Deutschen den Namen Welttag des Mitgefühls oder der Barmherzigkeit. initiierte diesen Tag Pritish Nandy, ein indischer Dichter, Journalist und Aktivist. Die Idee basiert auf dem alten indischen Konzept der Ahimsa, welches Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen propagiert. In nahezu allen Religionen wird Mitgefühl als essentielle Haltung betrachtet, die das menschliche Miteinander fördert. Der Dalai Lama bezeichnet Mitgefühl als die „wahre Religion der Menschheit“. Auch in der Philosophie wird diese Fähigkeit als Grundlage der menschlichen Moral angesehen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zum Mitgefühl
Studien zeigen, dass Mitgefühl entscheidend für das persönliche Wohlbefinden und das harmonische Zusammenleben in der Gesellschaft ist. Neurowissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass gezieltes Mitgefühlstraining, etwa durch Meditation, positive Emotionen verstärkt und Stress verringert.
Die Neurowissenschaftlerin und Psychologin Olga Klimecki, die als kommissarische Lehrstuhlinhaberin für Sozialpsychologie an der Universität der Bundeswehr tätig ist, erforscht dieses Thema. Sie erklärt, dass Mitgefühl bedeutet, dem Leid anderer Menschen aus einer wohlwollenden Haltung heraus zu begegnen. Diese Haltung gehe mit positiven Emotionen, Wärme und Verbundenheit einher.
Wichtigkeit des Mitgefühls in herausfordernden Situationen
In schwierigen und leidvollen Situationen ist Mitgefühl essentiell – sowohl gegenüber sich selbst als auch gegenüber anderen. Dabei geht es darum, den Sorgen mit Freundlichkeit und Wohlwollen zu begegnen. Klimecki beschreibt, dass dieses Wohlwollen häufig mit dem Wunsch verbunden ist, zu helfen oder das Leid zu lindern. Dieser Ansatz wirkt Stress entgegen. Wer mitfühlt, kann die Emotionen des anderen nachempfinden und auch Traurigkeit empfinden, wobei jedoch auch positive, fürsorgliche Gefühle hinzukommen.
Mitgefühl bei Kindern
Psychologische und bildungswissenschaftliche Forschungen haben gezeigt, dass Mitgefühl sozial erlernt wird: Bereits im frühen Kindesalter spezialisieren sich Kinder darauf, mit anderen mitzufühlen und ihnen zu helfen. Allerdings lernt nicht jeder diese Fähigkeit gleich leicht, wie die Neurowissenschaftlerin feststellte. Ein auf Achtsamkeit basierendes Mitgefühlstraining kann laut Klimecki dazu führen, dass die Aktivierungen in den relevanten Hirnregionen stärker ausgeprägt werden. Darüber hinaus verhalten sich die Teilnehmenden nach einem Mitgefühlstraining sozialer und handeln großzügiger.
In einer von Klimecki durchgeführten Studie im Jahr 2023 sollten 108 Teilnehmende Mitgefühl in Konfliktsituationen mit schwierigen Kollegen, Familienmitgliedern oder Freunden entwickeln. Das Training dauerte fünf Wochen. Am Ende berichteten die Teilnehmenden von einer erhöhten Nähe zu ihren Mitmenschen und einem verminderten Gefühl von Schadenfreude. In einer weiteren Untersuchung lernten Paare, Mitgefühl für sich und andere zu empfinden. Nach einem ebenfalls wochenlangen Training waren sie zufriedener mit ihrem Streitverhalten in der Beziehung und konnten ihre eigenen Bedürfnisse besser vertreten.
Positive und negative Effekte des Mitgefühls
In der Regel hat Mitgefühl positive Auswirkungen, jedoch kann es unter bestimmten Umständen auch antisociale Tendenzen fördern. Forscher der Universität Ulm konnten feststellen, dass Mitgefühl in Einzelfällen auch mit feindseligen Einstellungen verbunden sein kann. Die Ursachen dafür werden weiterhin erforscht.









