Leben als digitaler Nomade in Portugal: Eine persönliche Reise

Vor einigen Jahren schien es ein unerreichbarer Traum zu sein, für die Arbeit in ein anderes Land zu reisen. Doch das Leben eines digitalen Nomaden in Portugal stellte sich als herausfordernder heraus, als ich ursprünglich erwartet hatte. Einsamkeit und Sprachbarrieren erschwerten die Eingewöhnung in Lissabon in den ersten Wochen erheblich.

Die Anziehungskraft des digitalen Nomadentums

Im Jahr 2018 schien das Konzept des digitalen Nomaden in meinem Bekanntenkreis sehr populär zu sein. Als freiberufliche Schriftstellerin, die von überall aus arbeiten konnte, verspürte ich die unwiderstehliche Anziehungskraft ferne Strände. Obwohl ich ein komfortables Leben in Großbritannien führte, nagte die Angst, etwas zu verpassen, an mir und weckte den Wunsch nach Abenteuer.

So buchte ich schließlich eine zweimonatige Reise nach Lissabon mit dem Plan, dort zu arbeiten und gleichzeitig eine neue Stadt zu erkunden. Die Realität als digitaler Nomade war jedoch nicht so befreiend, wie ich es mir erhofft hatte.

Die Planung der Reise

In den Monaten vor meiner langen Reise war meine Vorfreude deutlich spürbar. Ich teilte meine Pläne mit jedem, den ich traf, und arbeitete akribisch an den Details meines Aufenthalts in Portugal. Zunächst wählte ich einen Co-Working-Space in der Nähe des Cais do Sodré aus und beantragte vor meiner Ankunft meine Mitgliedschaft per E-Mail.

Anschließend buchte ich über UniPlaces ein „gemütliches Apartment“ im Herzen von Bica, einem Stadtteil von Lissabon. Es lag günstig, nur zehn Minuten Fußweg von meinem Arbeitsplatz entfernt, und in der Nähe der berühmten Bica-Seilbahn, einer der meistfotografierten Straßenbahnstrecken der Stadt. Ich stellte mir vor, jeden Tag in einem Instagram-Post zu verweilen. In meinen Gedanken genoss ich die warmen, sonnenbeschienenen Terrassen mit Blick auf die bunten Gebäude und stellte mir vor, welche interessanten Menschen ich dort begegnen würde.

Der Zeitpunkt verflog, und plötzlich packte ich meine Koffer, verabschiedete mich von meinem Partner und unserer Katze für die nächsten zwei Monate.

Die Herausforderungen bei der Ankunft

Der Übergang war nicht einfach. Ich hatte zwar schon in Co-Working-Spaces gearbeitet, jedoch nie in einem fremden Land. Als ich den Raum betrat, war ich sofort von Gesprächen mit Akzenten aus aller Welt umgeben. Es schien, als ob sich alle kannten, was mir zunächst unklar blieb. Schnell fand ich heraus, dass die Gemeinschaft von einem etwa 30-köpfigen Kreis von Fernarbeitern geprägt war, die bereits seit sechs Monaten zusammenarbeiteten. Es fühlte sich an wie der Beginn eines neuen Semesters, während ich das erste verpasst hatte. Abgesehen von ein oder zwei höflichen Blicken sprach an diesem Tag niemand mit mir.

Auf dem Heimweg wählte ich meinen Vater an und konnte mir bei der Frage, wie es mir gehe, kaum einen Ruck geben. Ich äußerte: „Ich kann nicht wirklich sagen, was ich hier tue oder warum ich hierhergekommen bin.“ Diese Frage stellte sich mir mit dringlicher Klarheit. Es war ein Moment der Unsicherheit.

Mein Vater beruhigte mich, erkundigte sich nach meinem Essen. In der Aufregung hatte ich das Mittagessen ausgelassen und war hungrig. Mit einem weinenden Gesicht besuchte ich einen Food Court und verschlang hungrig einen Falafel-Wrap. Ich hoffte, der nächste Tag würde besser werden.

Die Suche nach sozialen Kontakten

Am darauffolgenden Tag beschloss ich, dass sich meine Situation ändern sollte. Ich lud die App Bumble BFF herunter, um neue platonische Bekanntschaften zu knüpfen und begann, nach freundlich aussehenden Frauen zu suchen, um die einsamen Stunden zu überbrücken. Einige Tage später traf ich mich in einer Bar, die fast eine Stunde entfernt war, mit einer meiner potentiellen neuen Freundinnen. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass wir kaum etwas gemeinsam hatten, und wir verabschiedeten uns nach einem Glas Wein.

Die nächsten zwei Wochen war ich mit einer anderen Person in Kontakt, die mich schlussendlich ignorierte. Die ersten Wochen meiner Reise als digitaler Nomade verliefen frustrierend, und ich begann, an meiner Entscheidung zu zweifeln. Ich bin von Natur aus gesellig und hatte angenommen, dass ich keine Schwierigkeiten haben würde, neue Leute zu treffen. Doch zum ersten Mal in meinem Leben verbrachte ich Stunden — manchmal sogar Tage — ohne mit jemandem zu sprechen.

Kulturschocks und Sprachbarrieren

Ein erheblicher Kulturschock war die Sprachbarriere, die sich schwieriger herausstellte, als ich gedacht hatte. Mein minimales Spanisch reichte kaum aus, um Gespräche zu führen, und ich war mir bewusst, dass wie auch immer meine Worte ankommen würden, ich mich in Portugal auf Englisch verständigen müsste.

Bereits zu Beginn überlegte ich, ob ich einen Rückflug buchen sollte, aber der Gedanke daran erfüllte mich mit Scham. Trotz der Schwierigkeiten erreichte ich schließlich einen Wendepunkt während meines Aufenthalts.

Die Wendung zum Positiven

Wenn man eine Wohnung in einer guten Lage mietet, möchte man auch, dass Freunde einen besuchen. In zwei Monaten kamen zwei Freunde, mein Cousin und mein Vater, und blieben jeweils mehrere Tage. Es war ein gutes Gefühl, an einem neuen und aufregenden Ort mit vertrauten Menschen zu sein.

Schließlich lernte ich auch andere Gleichgesinnte kennen. Danielle, eine selbstbewusste Kanadierin, sprach mich im Co-Working-Space an und lud mich spontan zum Abendessen ein. Zudem hatte ich Kontakt zu Natalia, die auf einen Beitrag auf einer Facebook-Seite für digitale Nomaden reagierte und vorschlug, einen Drink zusammen zu genießen. Ich war anfänglich skeptisch, aber wir verstanden uns ausgezeichnet und mittlerweile bin ich oft in Lissabon zu Besuch bei ihr. Sie stellte mir einige Expats vor, mit denen ich zu einer Party ging.

Innerhalb weniger Wochen fühlte ich mich gut eingelebt. Der Rest meiner Zeit als digitaler Nomade gestaltete sich schließlich sehr viel mehr so, wie ich es mir erhofft hatte. Rückblickend merke ich, dass ich einen entscheidenden Aspekt meiner sorgfältigen Reiseroute vernachlässigt hatte: echte soziale Kontakte.

Philip Wienberg
Philip Wienberg

Co-founded Germany's first alcohol-free craft beer brand in 2018. Now a freelance Copywriter & Creative Director with 15+ years in top German ad agencies. Led teams of 30+ creatives, winning 100+ awards together - some even for real work, not just the award circuit.

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